Gestern war ich im Couven Gymnasium Aachen eingeladen, auf einer Berufsbörse über meinen Beruf als Mathematisch technischer Assistent (MaTA) zu sprechen.

Die “Berufsbörse” war eine zweistündige Informationsveranstaltung für Schülerinnen und Schüler der Mittel- und Oberstufe, auf der größtenteils Eltern informell ihren Beruf und Teile des Lebenslauf, die zu dieser Arbeit geführt haben, vorstellen sollten. Ziel war es, den Schülern im Gespräch ein individuelles Bild von einem Beruf zu vermitteln, das über die üblichen Broschüren hinausgehen sollten. Das ganze fand in kleinen Grüppchen in der Aula statt, die Schüler konnten von Tisch zu Tisch gehen und Gespräche führen.

Obwohl ich zuerst durchaus skeptisch war, hat es mir am Ende großen Spaß gemacht und es war ziemlich interessant, mal anderen Menschen das eigene Berufsbild etwas näher zu bringen.

Vielleicht findet ja der eine oder andere Besucher folgende Zusammenfassung ganz interessant:

Ich habe 1999 Abitur gemacht, ein Studium kam trotz sehr gutem Notendurchschnitt für mich nicht in Frage, ich hatte einfach keine Lust mehr, die “Schulbank zu drücken”. Da ich ausgemustert bin, wäre mir auch kaum Zeit verloren gegangen, hätte ich direkt nach der Ausbildung ein Studium angefangen.

Jedenfalls habe ich im Forschungszentrum Jülich direkt nachdem Abitur und einer zweimonatigen “Ausszeit” eine zweieinhalb jährige Ausbildung zum Mathematisch technischer Assistenten begonnen. Parallel zu dieser Ausbildung war man an der FH Jülich im Studiengang “Technomathematik” eingeschrieben.

Zu dieser Ausbildung bin ich über einen Aushang am schwarzen Brett meiner Schule gekommen. Damals waren neben Abitur auch ein LK Mathematik Vorraussetzung. Den LK hatte ich zwar nicht, trotzdem habe ich den Ausbilder überzeugen können. Anfangs war die Ausbildung nicht wirklich einfach, aber mit ein bisschen Ehrgeiz ist letzen Endes alles zu schaffen. Im nach hinein sehe ich die Fähigkeiten, selbstständig zu denken, Wissenstransfer über verschiedene Problemstellungen vornehmen zu können und keine Angst vor oder Probleme mit englischsprachigen Dokumentationen zu haben als sinnvolle und wichtige Vorraussetzungen an, gerade mit Hinblick auf den späteren Beruf und auf mögliche Fortbildung.

Interessant war, dass damals am Arbeitsamt mir keiner etwas von dem Beruf erzählen konnte. Ich wußte vorher rein gar nichts davon. Auf dem Arbeitsamt hatte man mir nach der Aussage “Ich würde gerne was mit Computern machen” einen Kaufmann für Bürokommunikation bei der West LB andrehen wollen. Die Stelle hatte ich zwar nach einem Gespräch auch sicher, aber ich denke, dort wäre ich nicht glücklich geworden. Eine Kollegin aus Rheinland-Pfalz hat im Gegensatz dazu umfangreiche Informationen über die MaTA Ausbildung in NRW erhalten.

Während der Ausbildung habe ich tatsächlich mehr als einmal über die ganze Geschichte geflucht, da ich in einem Institut mit einem Betreuer untergekommen war, der sich in keinerlei Weise für meine Ausbildung interessierte. Irgendwann habe ich auf den Ausbildungsnachweis “Entsorgung von Hard- und Software” geschrieben, nachdem ich den gelben Sack aus dem Büro getragen hatte. Das Dingen ist anstandslos unterschrieben wurden.

Arbeit habe ich in der Zeit trotzdem gesucht und gefunden, u.a. war ich an einem Programm zur Auswertung von Messergebnissen beteiligt.

Inhalt der Ausbildung waren Analysis, Lineare Algebra, Stochastik und Numerik auf Seiten der Mathematik; Hardwaregrundlagen, Netzwerke, Algorithmen und Datenstrukturen sowie Strukturierte und Objektorientierte Programmierung auf EDV Seiten. Eigentlich alles das, was im Studium der Informatik auch im Grundstudium gelehrt wird, nur kompakter und praxisorientierter. Konkrete Programmiersprachen waren damals Fortran, C, Java sowie PL/SQL. Die Abschlussprüfung fand in zwei Mathematikklausuren, zwei EDV Klausuren und einer fünftägigen, praktischen Abschlussarbeit statt.

Nach der Ausbildung habe ich ohne Probleme einen Job in einer mittelständischen Firma im Kreis Aachen gefunden und von meinen Kommilitonen weiß ich, dass die meisten auch keine Probleme bei der Stellensuche hatten.

Diesen Job habe ich 5 Jahre später immer noch, war wohl nichts, noch ein Studium dranzuhängen, dazu macht mir die Arbeit eigentlich zu viel Spaß. Auf meiner Visitenkarte steht “Systementwicklung”, da ich neue Kontakte nicht direkt mit der vollständigen Berufsbezeichnung erschrecken will. Ich bin einer der Projektverantwortlichen für mehrere Projekte mit regionalen Stadtwerken und Energierversorgern in Deutschland und sowohl im Systemdesign als auch in der Anwendungsentwicklung und im späteren Support involviert. Das Aufgabengebiet ist recht breit gestreut, aber das bleibt bei einer kleinen Firma nicht aus.

Mathematische Fähigkeiten sind in diesem Bereich zum Beispiel bei der Preiskalkulation für Strompreise für Großkunden oder bei der Durchhangsberechnung von Stromkabel auf Hochspannungsmasten gefragt. Programmiert wird bei uns in Java, PL/SQL und Oracle Forms / Reports. MaTAs werden aber auch gerne in Banken, Versicherungen und vielen anderen Branchen eingesetzt.

Das Schöne an dem Job ist das weitestgehend selbständige Arbeiten; das ich meine eigenen Entscheidungen treffen und Verantwortung tragen kann. Während der Ausbildung habe ich das zeitweise nicht gedacht, dass mir der ganze Quatsch dabei hilft, aber langfristig war es genau das richtige.

Wer sich für die Ausbildung interessiert, der kann sich auf den Seiten des FZJ umsehen: Ausbildung zum mathematisch-technischem Assistenten oder auf den neuen Seiten zum Mathematisch-technischem Softwareentwickler (MaTSE). Letztere löst den MaTA seit 2007 ab und hat unter anderem den Vorteil, das mit der Ausbildung eine Bachelorprüfung “Scientific Programming” abgelegt werden kann. Was ich sonst noch so mache und gelernt habe, habe ich hier mehr oder weniger vollständig aufgelistet.

Ich bin ja ein tendenziell neugieriger Mensch und deshalb bastele ich mir heute aus dem Text mein eigenes Stöckchen. Die meistern dieser Dinge zielen ja mehr auf “Persönlichkeit”, Film- oder Musikgeschmack und dergleichen, etwas über den Hintergrund des Bloggers oder der Bloggerin im realen Leben erfährt man ja eher selten…

Mich würde interessieren, wie der Peter vom Elektroinstallateur auf das kam, was er jetzt macht (und was das überhaupt ist), was die Tante macht, wenn sie nicht gerade fast philosophische Texte über EDV schreibt, ob der Bernd nur Hoster ist oder in Wahrheit doch die Weltherrschaft anstrebt und was der Retrax noch so alles an seinen Lebenslauf dranhängen will.

Das Stöckchen ist im Sinne des Post zu verstehen, einen kurzen Abriss, was man gelernt hat, wie man dazu gekommen ist und was man draus gemacht hat, sprich, was denn die aktuelle Tätigkeit ist.

Wer das interessant findet, kann gerne mitmachen. Ich werde diesen Post auch an die Organisatoren der Eingangs erwähnten Berufsberatung weiterleiten, vielleicht findet das ja Anklang.

Edit: Die Tante und der Peter haben beide meine Frage aufgegriffen und - wie ich finde - sehr lesenswerte und interessante Antworten gegeben.

Edit 2: Auch der Bernd hat sich die Mühe gemacht, einen kurzen Abriss zu schreiben, vielen Dank!