2012 war mein älterer Sohn knapp 3 Jahre alt. Zu dieser Zeit “fuhr” er bereits recht sicher Laufrad und wir konnten gemeinsam unterwegs sein. Allerdings war das immer noch nichts für “längere” “Touren”. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits seit 2 Jahren einen Kindersitz an meinem “Leichtbau” Fahrrad und mich oft darüber geärgert: Das Fahrrad war nicht mehr so wirklich leicht und obendrein halfen auch der schwere Doppelbein-Ständer bei der Rahmengeometrie nicht, einen stabilen Stand mit Sitz zu ermöglichen.
So kam es, dass ich mich relativ frustriert auf die Suche nach einem neuen Rad machte. Meine Eckdaten: Stabil, Gewicht erstmal irrelevant, wartungsarm und insbesondere wollte ich in der Lage sein, trotz Kindersitz Sachen zu transportieren, ein vorderer Gepäckträger war also ein Muss, da ein Hänger für mich ausscheidet. Wir haben keine Garage und kein Gartenhäuschen und ich hatte keine Lust, noch ein Teil mehr regelmässig durch den Eingangsbereich in den Keller zu schleppen.
Bzgl. Wartungsarmut schwebte mir eine Nabenschaltung vor. Ich pendele seit 2007 täglich in Summe etwas mehr als 20km und habe im Winter mehr als eine Kette verschlissen. Leider hatte ich zwischenzeitlich sehr schlechte Erfahrung mit einem Fahrrad mit Shimano Alfine Schaltung und Exzenter Tretlager gemacht. Letzten Endes war das wahrscheinlich auf den Händler zurückzuführen, nichts desto trotz aber ein Grund, sich anderweitig umzuschauen und so landete ich irgendwann bei der Firma Rohloff und ihrem Speedhub 500/14.
Mit dem Speedhub kam dann auch irgendwann der Gedanke “Reiserad” auf. 2008 fuhr ich mit Freunden auf dem Mountainbike nur mit Rucksäcken bepackt von Oberstdorf durch die Alpen bis an den Gardasee. Das war ein unvergessliches Erlebnis, das ich allerdings gerne mit weniger Fahrstress genossen hätte, ich bin einfach kein besonders guter Mountainbiker.
Mit dem Gedanken kam ich zum Schluss, mein Mountainbike und den Leichtbau zu verkaufen und mein Budget etwas zu erhöhen. Fahrräder mit Rohloff Schaltung stehen nämlich üblicherweise nicht bei den großen Ketten zum Abverkauf bereit.
Nach langer Recherche blieb ich irgendwann bei der Fahrradmanufaktur und ihrem 2012/13 TX1000 hängen.
Das Fahrrad kann ich leider nicht mehr verlinken, es gibt nur noch Nachfolgemodelle, die leider weder den exzellenten SON Edelux Scheinwerfer noch den Brooks Team Pro Imperial Sattel haben.
Diesen Post hier habe ich 2014 begonnen, noch vor meiner ersten wirklichen Reise mit dem TX1000. Als ich es kaufte, war ich davon überzeugt, ein wirklich “perfektes” Reiserad gefunden zu haben. Mittlerweile denke ich eher, dass es ein Projekt der Fahrradmanufaktur war oder ist, zu zeigen, dass sie so etwas auch können. Es gibt wahrscheinlich besserer Reiseräder von Firmen, die das Thema explizit bearbeiten, wie z.B. von Patria oder Santos.
Das große Aber: Mein TX1000 ist ein wunderbarer Allrounder. Es hat eine Rohloff Schaltung, einen bequemen Brooks Sattel, genügend Gepäckträger für alle möglichen Taschen, einen Kettenschutz (den ich aber so nicht mehr kaufen wollen würde, das Geräusch vom Chainglider nervt) und einen sehr praktischen Speedlifter, den ich tatsächlich erst in den letzten Monaten habe zu schätzen gelernt. Erweitert habe ich noch einen Klickfix für Körbchen oder Tasche, Garminhalterung und einen 5V USB Converter, den ich an den SON Nabendynamo angeschlossen habe, um unterwegs Garmin, Powerbank oder Handy laden zu können. Relativ spät habe ich einen zweiten Ständer montiert, am vorderen Gepäckträger, um ein Umschlagen des Lenkers zu verhindern und mehr Sicherheit beim “Beladen” des Kindersitzes zu haben.
Zum komischen Titel des Posts: Ich bin der Meinung, dass etliche Fahrräder dieser Art, auch wahrscheinlich etliche noch mal deutlich teurerer, aus Prestige und “Sehnsuchts” Gründen verkauft werden. Ich bin das Fahrrad auch erstmal 2 Jahre ohne Reise gefahren, bis ich im Frühjahr 2014 350km von Aachen nach Domburg mit Zelt in 2 Tagen gefahren bin:
Die erste Radreise bin ich noch viel zu schnell gefahren. Das Fahrrad eigentlich tatsächlich viel mehr zum ruhigen Fahren, bei dem man auch etwas sieht.
Das gelang mir 2015 auf dem Weg von Lübeck nach Stralsund schon viel besser:
Hier sieht man ganz gut den zweiten Ständer am vorderen Gepäckträger: Er schränkt den Fahrkomfort im Gegensatz zu einem Lenkeinschlagsbegrenzer nicht ein und ist nicht so schwer wie ein Zweibeinständer.
Ebenfalls gut erkennbar: Der Schwalbe Marathon Mondial in 42x622, der kaum in die Schutzbleche passt. Der erste Eindruck war: Oh weia. Nach über 10000km(!) ist das Dingen immer noch nicht abgenutzt und bis jetzt - toitoitoi - plattenfrei.
Im Frühjahr 2016 fuhr ich dann von Berlin nach Kopenhagen:
Mein Fazit zum 2012/13 TX1000: Es ist ein hervorragend ausgestattetes Fahrrad und preislich in einem Rahmen, für den man einerseits von “Laien” eher ungläubig angeschaut wird, der aber anderseits deutlich unter dem anderer Räder dieses Kalibers liegt.
Das TX1000 ist ziemlich unauffällig, ich mag das.
Ich habe mit dem Fahrrad 2 Kinder meiner Einschätzung nach sehr sicher im Kindersitz transportiert und hatte niemals den Eindruck, dass das Rad leicht gekippt wäre. Die Taschenhalterung am Vorderrad ist essentiell, wenn man ein Kind im Kindersitz dabei hat und z.B. Einkaufen will oder einfach nur was für eine Tour einstecken möchte.
Mir ist auf dem Fahrrad klar geworden, dass es weder im Fahrradalltag noch auf einer Reise auf maximales Tempo ankommt. Es ist ebenfalls absolut in Ordnung, ohne “E” unterwegs zu sein.
Und ich bin froh, dass ich nicht nur die Sehnsucht mit gekauft habe, sondern auch meine Pläne von Radreisen nun bereits mehrfach in die Tat umgesetzt habe.
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